Know-how
Umkehrdach
Die Dämmschicht liegt auf der Abdichtungsschicht. Umkehrdach ist die Bezeichnung für eine Sonderform des als Warmdach (nicht belüftetes Dach) ausgeführten Flachdaches. Der Name rührt daher, dass der Schichtenaufbau, durch den die Wärmedämmung im Nassen liegt, umgekehrt zu klassischen Warmdachkonstruktionen ausgeführt ist. Es wurde in den 1950er Jahren in Kanada entwickelt.
Im Gegensatz zum konventionellen Flachdach ist das Umkehrdach durch eine umgekehrte Anordnung der Dämmschicht gekennzeichnet. Entgegen dem üblichen Warmdachaufbau wird die Abdichtungsebene direkt auf die tragende Konstruktion (z.B. Stahlbetondecke) aufgebracht, die Dämmebene liegt auf der Abdichtung. Im Folgenden werden anhand eines schematischen Aufbaues die einzelnen Bauteilschichten erläutert (von außen nach innen):
Bekiesung
Der Kies erfüllt zwei Funktionen. Zum einen schützt er die Dämmebene vor UV-Strahlung, da extrudiertes Polystyrol (XPS) nicht UV-stabil ist. Zum anderen sichert er den üblicherweise lose verlegten Dachaufbau vor Windsog. Es gibt auch Varianten des Umkehrdaches, welche statt mit Kies mit einem Substrat (Gründach) oder einem begehbaren Belag (z.B. Betonplatten) versehen werden. Als Faustregel für die Flächenlast gelten etwa 120 kg/m².
Schutz-/Filterschicht
Die Schutz-/Filterschicht hatte ursprünglich die Aufgabe die Dämmebene vor mechanischen Beanspruchungen zu schützen (Aufbringen der Bekiesung) und ein Einschwemmen von Sand und Erdteilen in die Dämmebene zu verhindern. Bei modernen Umkehrdächern wird durch diese Schicht bereits ein großer Teil des anfallenden Niederschlagwassers abgeführt ohne in die Dämmebene einzusickern. Es kommen verschiedene Kunststoffvliese (z.B. Polypropylen) zur Anwendung. Wichtig ist, dass die Dachvliese diffusionsoffen sind damit das Umkehrdach dauerhaft funktioniert. Bei Verwendung von nicht diffusionsoffenen Vliesen kann es über die Jahre zur Anreicherung von Feuchtigkeit im Dämmstoff kommen und damit zur Minderung der Dämmqualität.
Dämmebene
Aufgrund der wetterexponierten Lage kommen für das Umkehrdach nur hydrophobe Dämmstoffe zur Anwendung. Klassischerweise wird extrudiertes Polystyrol (XPS) verwendet. Es sind spezielle Dämmplatten mit Stufenfalz zu verwenden. Eine zweilagige, kreuzweise Verlegung ist nach derzeitigem Stand der Technik nicht zulässig, da sich zwischen den Lagen erfahrungsgemäß ein Wasserfilm bildet, der die Dampfdiffusion hindern, und damit zu einer Durchfeuchtung der unteren Dämmschicht führen kann.
Früher war die Dämmung von Umkehrdächern einlagig zu verlegen. Das Deutsche Institut für Bautechnik hat jedoch mittlerweile die zweilagige Verlegung zugelassen:
Beide Unternehmen wiesen nach, dass die zweilagige Verlegung von XPS-Dämmplatten bauphysikalisch möglich ist. So kann die für Flachdächer vorteilhafte Umkehrdachkonstruktion auch bei besonders hohen Anforderungen an den Wärmeschutz ausgeführt werden. Erlaubt sind jetzt Dämmstoffdicken bis zu 400 mm. Dies gilt gemäß Zulassung aber nur für Dächer mit Kiesauflast und nicht für Dachbegrünungen.
Abdichtungsebene
Die Abdichtung wird entweder direkt auf die tragende Dachkonstruktion oder auf Gefällebeton (als Entwässerungsebene) aufgebracht. Es kommen Dachbahnen aus Kunststoff- oder Kautschukbasis genauso wie aufgeflämmte Bitumenabdichtungen zur Anwendung, außerdem Beschichtungen als flüssige Abdichtungsmasse auf Acryl- oder Epoxidharzbasis, mit Glasfaser-Gewebe eingebettet. Alternativ wird das Umkehrdach als WU- Beton Dach Konstruktion ausgeführt, hierbei ist die Tragkonstruktion = Dichtungsebene, nach dem System einer Weißen Wanne. Diese Variante wird seit 50 Jahren gebaut und nimmt stark zu.
Tragende Dachkonstruktion
Je nach Art der Ausführung kann dies eine Holzschalung, Stahlbetondecke, Estrich, Trapezblechdecke usw. sein. Gemäß Fachregel des Dachdeckerhandwerks kann auch ein gefälleloses Dach ausgeführt werden.
Wegen der umgekehrten Anordnung der Schichten kann die Dämmung (XPS) bei starkem Niederschlag zeitweise mit Wasser umströmt werden. Somit wird auch die Dämmwirkung kurzfristig eingeschränkt. Bei der U-Wert-Berechnung muss ein gewisser Zuschlag (bis zu 0,05 W/m²*K) mitgerechnet werden. Wird aber auf den Polystyrolplatten ein wasserableitendes Dachvlies angebracht, so kann dieser Zuschlag entfallen.
Vorteile
Die Abdichtungsbahn liegt in einer über das Jahr mehr oder weniger gleichbleibenden Temperaturzone. Die thermische Beanspruchung der Dachbahn über den Jahreszyklus ist wesentlich geringer als bei konventionellen Flachdächern, entsprechend höher ist die Lebensdauer. Dieser Aufbau benötigt keine Dampfsperre. Nach dem Aufbringen der Dachabdichtung sind die weiteren Arbeiten nicht mehr von der Witterung abhängig (flexiblere Terminplanung). Aufgrund des einfachen Aufbaues ist das Risiko von Bauschäden infolge von Ausführungsfehlern deutlich reduziert. Außerdem bietet die lose Verlegung den Vorteil einer guten Zugänglichkeit aller Bauteilschichten für Wartung und Reparatur. Das aufwändige Öffnen und Wiederabdichten des Warmdaches entfällt, alle ausgebauten Baustoffe können wieder verwendet werden. Durch eine vollflächige Verbindung der Abdichtung mit dem Untergrund wird eine Hinterläufigkeit der Abdichtung verhindert. Somit können Fehlstellen einfach lokalisiert und repariert werden, was bei einer Warmdachkonstruktion oft nicht möglich ist.
Nachteile
Bei Regen fließt (kaltes) Wasser unter die Wärmedämmung und führt damit zu Wärmeverlust. Nach DIN 4108-2 ergibt sich ein U-Wert-Zuschlag von 0,05 W/(m²·K) und ein Flächengewicht der Unterkonstruktion von mindestens 250 kg/m² als thermisch träge Masse zur Verhinderung von Tauwasserbildung wegen Taupunktunterschreitung an der Dichtfläche. Diese Nachteile sind deutlich gemindert bei der modernen Form des Umkehrdachs mit wasserableitender Trennlage oberhalb der Dämmschicht. Gegebenenfalls ist eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen Flugfeuer und strahlende Wärme besonders herzustellen.